Zitat:
“Man kann nun beklagen, dass die Bilder, die wir zu Gesicht bekommen, verschönert sind, manchmal an der Grenze zur Fälschung oder darüber hinaus. Man kann bedauern, dass der Fotograf nicht mehr wochenlang auf den einen Augenblick warten kann. Dass er am Bildschirm seine Motive glättet. Doch die Digitalisierung hat erstmals für jedermann kenntlich gemacht, dass der Fotografie per se eine Verfälschung der Wirklichkeit innewohnt. Wir, all die Jahre Foto-Analphabeten wie Tucholsky, lernen langsam, Bilder zu lesen. Niemand, der in einen Zeitschriftenladen geht, kann noch ernsthaft an die Makellosigkeit all der Körper und Gesichter glauben. Wir lernen, dass es einen Unterschied macht, ob eine Schauspielerin oder ein Politiker digital geliftet wird. Wir sind im Umgang mit der Bilderwelt keineswegs unkritischer, aber wacher und ironischer, wodurch auch die Fotografie ironischer werden kann. Wenn wir uns heute noch einer Bilderillusion hingeben, dann der, die Fotos seien früher authentisch gewesen. Ganz sicher waren sie anders.”
aus: Zeitmagazin LEBEN – http://www.zeit.de/2008/24/Foto-Reportage-24?page=1